Die Behandlung des Klimas als relevante Größe in flächenbezogenen Planungsprozessen war in der Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand von Untersuchungen der Umweltbehörde und Stadtplanung in Bremen. Naturschutzbehörde und Planungsamt haben mit einem Stadtklimagutachten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) 1995 fachliche Grundlagen bereitgestellt. Diese umfassen Bestandsanalysen bis hin zu Ansätzen zu einer Entwicklung von Umweltqualitätszielen. Im Landschaftsprogramm Bremen von 1987 wurden klimatische Funktionsräume benannt und in ihrer Bedeutung für die städtische Umwelt bewertet. Bereits die "Bewertung von Funktionen der Freiräume in Bremen" des Bausenators von 1978 beinhaltet Planungshinweise zur Berücksichtigung klimatischer Auswirkungen. Das Stadtentwicklungskonzept von 1999 beschränkt sich hingegen wieder auf die Würdigung von Freiraumkeilen in ihrer Bedeutung für die Frischluftzufuhr in das bebaute Stadtgebiet.
Auch von privater Seite fand das Klima in Bremen früh Beachtung, die ältesten dokumentierten Klimabeobachtungen gehen 200 Jahre zurück, seit nunmehr 170 Jahre ohne nennenswerte Unterbrechungen gibt es regelmäßige Klimauntersuchungen, so daß bei der Planung auf ein umfassendes und langjähriges Datenmaterial zurückgegriffen werden kann.
Die UVP-Leitstelle hatte 1990 in der Vorstudie für ein Planungshandbuch zur UVP in der Bauleitplanung erste Entwürfe für Beurteilungsmodelle und Bewertungskriterien im Bereich Klima vorgeschlagen. In der UVP-Praxis läßt sich jedoch bisher nicht feststellen, daß das Schutzgut Klima einen Einfluß auf die Planung gefunden hätte, der seiner Bedeutung insbesondere für das Wohlbefinden der Menschen entspräche.
Mit Einführung der gesetzlichen Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte Projekte aufgrund einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union im Jahre 1990, ebenso mit Einführung einer Planungs-UVP durch den Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung 1988 zur Behandlung der Umweltbelange in der Bauleitplanung in der Stadtgemeinde Bremen, erhielt die Beachtung des Klimas als eines unter acht zu berücksichtigenden Schutzgütern einen neuen Stellenwert in einem fortan formalisiert durchzuführenden Prüfverfahren.
Durch die aufgrund der vorgeschlagenen Richtlinie des Rates zur strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung zu erwartende Einführung einer UVP für Pläne und Programme wird die Beachtung des Schutzgut Klimas in Entscheidungsprozessen zur Stadtplanung weiter zunehmen.
Durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Umsetzung der UVP-Richtlinie, sowie durch die jetzt direkt anzuwendende UVP-Änderungsrichtlinie, wurde der Katalog UVP-pflichtiger Vorhaben erheblich erweitert. Hier sind als Projektkategorien mit besonderer Bedeutung für Bremen insbesondere Infrastrukturprojekte zu nennen, darunter Städtebauprojekte, die Anlage von Industriezonen sowie der Bau von Straßen, Häfen und Hafenanlagen. Für alle dieser Projekte werden - sofern aufgrund ihrer Größe, ihres Standortes und ihrer Eigenheiten im Einzelfall mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist - die Auswirkungen auf das Klima künftig qualifiziert geprüft und berücksichtigt werden müssen. Dies gilt für Bremen angesichts der jüngsten positiven Wirtschaftsentwicklung insbesondere aufgrund der erheblichen Zuwächse an Wohn- und Gewerbegebieten: In bisherigen Außenbereichen sollen Flächen in einem Umfang von weit mehr als 3 % des gesamten Gemeindegebietes als zusätzliche Gewerbegebiete neu in Anspruch genommen oder umgenutzt werden; darüber hinaus 1,8 % des Gemeindegebietes als neue Wohngebiete. Viele der betroffenen Bereiche besitzen augenscheinlich eine Bedeutung für das Stadtklima, z. T. allein aufgrund der Flächengröße, z. T. aber auch aufgrund ausgewiesener Funktionen für das städtische Klima und ihrer Lage zwischen alter Wohnbebauung und offener Landschaft. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer vertieften und qualifizierten Berücksichtigung des Klimas in der UVP. Dabei sind die künftig erhöhten rechtlichen Anforderungen an das Verfahren zu beachten.
Die notwendigen Methoden und der Untersuchungsumfang einer UVP sind dabei in jedem Einzelfall festzulegen. Als Grundlage für diese Einzelfallentscheidungen fehlt jedoch bis heute - trotz aller Vorarbeiten - ein von den beteiligten Stellen in Bremen allgemein akzeptierter methodischer Standard. Auch bundesweit krankt die Behandlung des Schutzgutes Klima offensichtlich an diesem Defizit. Der in dem vorliegenden Band dokumentierte Workshop der UVP-Leitstelle in Zusammenarbeit mit der UVP-Gesellschaft in Bremen soll der Vorbereitung von Leitlinien zur Berücksichtigung des Klimas in der gesetzlichen UVP in Bremen und dem Einstieg in die Diskussion mit den davon betroffenen Kreisen dienen.
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Mit der Reihe UVP-SPEZIAL gab die UVP-Gesellschaft beispielhafte Monographien oder Tagungsbände zur UVP heraus. Sie wird zur Zeit nicht fortgeführt.
Redaktion der Schriftenreihe: Edmund A. Spindler (Heft 1-11), Dieter Wagner (Heft 12-16), Dr. Frank Scholles (Heft 17-20).
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Durch das Inkrafttreten des UVPG und der UVPVwV sind neue rechtliche Grundlagen entstanden, die Rückwirkungen auf die Methodik der UVP haben müssen. Parallel dazu haben sich durch den Einsatz moderner Datenverarbeitungstechniken neue methodische Möglichkeiten, aber auch Anforderungen, ergeben.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Weiterentwicklung der Ökologischen Risikoanalyse als verbreiteter Methode zur Beurteilung von Umweltauswirkungen. Dabei sollen planerische, ökologische, juristische und informationstechnische Gesichtspunkte zusammengeführt werden.
Die Ökologische Risikoanalyse dient der Beurteilung der ökologischen Nutzungsverträglichkeit bei unvollständiger Information. Die Methodik wurde zunächst von Landschaftsplanern für die Ebene der Regionalplanung entwickelt. UVP war ein Beitrag der Landschaftsplanung im Raumordnungsverfahren. Die Methode versteht sich politisch, da sie nicht frei von Wertungen ist. Die Suche nach einem akzeptablen Risiko ist kein Problem technisch-naturwissenschaftlicher Optimierung, sondern eines der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Der Risikobegriff wird in Kapitel 2 aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht:
Da Erfahrung mit Umweltauswirkungen i.d.R. nicht vorliegt, treten wissenschaftlich begründete oder intuitive Wahrscheinlichkeitsannahmen an ihre Stelle. Die UVP als entscheidungsvorbereitendes und vorsorgeorientiertes Instrument kann sich nicht nur auf analytische Unsicherheit beschränken, sondern muß auf Wertunsicherheiten und subjektive Wertungen eingehen und damit einen Beitrag zum Konfliktmanagement zu leisten versuchen. Gesellschaftliche Gesichtspunkte des Risikobegriffs können innerhalb der Umweltverträglichkeitsprüfung behandelt werden, wenn Verhandlungen über zu erwartende Wirkungen und insbesondere Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen stattfinden. Diese Verhandlungen sind durch wissenschaftliche Untersuchungen und Abschätzungen zu unterstützen und abzusichern.
Um dies leisten zu können, müßten bei der Einschätzung des Ökologischen Risikos Phasen der wissenschaftlichen Untersuchung mit solchen der Verhandlung abwechseln. Damit müßte UVP zum Verhandlungsinstrument werden und einer politischen Systemlogik folgen.
Die Analyse der Auswirkungen des UVPG und der UVPVwV auf die Methodik in Kapitel 3 erbringt die folgenden Ergebnisse:
Das bedeutet:
Die z.T. bereits vor Inkrafttreten des UVPG entwickelten kommunalen UVP-Konzepte dagegen betonen aufgrund ihrer kommunalpolitischen Legitimierung die frühzeitige Einwirkung auf Vorhaben. Es werden anspruchsvolle Bewertungsmaßstäbe diskutiert, aber die verwendete Methodik ist i.d.R. stark vereinfachend und wenig transparent, so daß die hohen Erwartungen kaum einlösbar sein dürften.
Eine zusammenfassende Gegenüberstellung der für die vorliegende Arbeit relevanten Kennzeichen der gesetzlichen UVP auf der einen und der freiwilligen kommunalen UVP auf der anderen Seite zeigt, daß die UVP bei enger Auslegung des UVPG und der Fachgesetze, insbesondere des BImSchG, zum Teil eines hoheitlichen Verwaltungsverfahrens wird. Die Öffentlichkeit wird beim Scoping nur ansatzweise und fakultativ durch die Behörden einbezogen, ansonsten "angehört". Untergesetzliche Regelungen samt an Gefahrenabwehr orientierten Grenzwerten werden zugrundegelegt, systemare Gedanken auf die Behandlung von Problemverschiebungen zwischen Schutzgütern reduziert. Kommunale UVP dagegen beruht oft auf Verhandlungen und versucht, vorsorgeorientierte Bewertungsmaßstäbe zu institutionalisieren.
Dennoch bestehen Möglichkeiten bei gutem Willen der Beteiligten (Vorhabenträger, Zulassungsbehörde, Gutachter, Umweltverbände) und entsprechender Relevanz des Vorhabens: Das Scoping kann mit Hilfe einer Antragskonferenz sowie im Vorfeld der Antragstellung konfliktmindernd eingesetzt werden, wenn die federführende Behörde dies betreibt. Die UVU können von Arbeitskreisen und Verhandlungen begleitet werden, wenn der Vorhabenträger einwilligt (was auch vom Gutachter abhängt). Beim Bewertungsschritt kann z.B. ein runder Tisch für mehr Vertrauen und schnellere Verfahren sorgen. Von einigen Juristen wird auch die Anwendung vorsorgeorientierter Umweltqualitätsstandards für rechtlich angezeigt gehalten.
Die kommunale UVP hat den Weg in einigen Städten vorgezeichnet, auch wenn die Verhandlungen hier i.d.R. zwischen Umweltverwaltung und Bauverwaltung stattfinden, ohne die Öffentlichkeit mit Ausnahme der Umweltverbände zu beteiligen. Außerdem sind hier noch gravierende methodische Mängel festzustellen.
Kapitel 4 zeigt Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung von Informatikwerkzeugen am Bei spiel von Geo-Informations- und Expertensystemen auf.
Zweifellos lassen sich viele sinnvolle Untersuchungen leichter und v.a. zügiger mit Rechnerunterstützung durchführen. Man kann anspruchsvolle Methoden (z.B. Grundwasser-, Lärmmodelle) einsetzen und Auswirkungen ermitteln, die ohne Rechnereinsatz nicht ermittelbar gewesen wären. Man kann aber genauso sachlichen Unfug beschleunigt durchführen und anspruchsvoll präsentieren, indem man z.B. unzulässige Methoden auf schlechte Daten losläßt. Daher sind insbesondere in GIS oder XPS benutzte externe Modelle kritisch dahingehend zu hinterfragen, ob sie interne Wertungen und Gewichtungen enthalten, die nicht sachlich begründet sind.
Jede Technik beeinflußt auch die Methodik und die Ergebnisse. Rechnereinsatz führt allgemein dazu, daß mehr untersucht wird, z.T. auch gründlicher und mit höherer Qualität, und daß mehr Aufwand in die Präsentation der Ergebnisse investiert wird. Dabei wird nicht immer nachgefragt, ob das Ergebnis den Aufwand rechtfertigt. Darüber hinaus übt der Einsatz von GIS und XPS einen Druck auf die Fachdisziplin aus, ihre Methoden zu strukturieren und damit bis zu einem bestimmten Grad zu formalisieren. Dies muß allerdings kein Nachteil sein; es kann auch zu mehr Nachvollziehbarkeit für Dritte führen, wenn intuitive und unreflektierte Setzungen verhindert werden. Statt dessen kann man sich ebenso unreflektiert mathematisch-statistische Setzungen einhandeln, z.B. bei der Klassendefinition. Die Renaissance der rein quantitativer Methoden ist nicht zwangsläufig Resultat des Rechnereinsatzes, sondern die Folge von Softwareentwicklung ohne Beteiligung methodisch versierter Fachleute.
Es besteht Grund für die Annahme, daß die Umweltbelange aufgrund übersichtlicherer Darstellung der Ergebnisse und Untermauerung der Argumente mit Fakten wesentlich früher in Planungsprozesse einbezogen werden und sich gleichzeitig ihr Stellenwert wesentlich erhöht. Wenn von den Dokumentationsfähigkeiten fortgeschrittener Software Gebrauch gemacht wird, können die Werkzeuge auch für die Öffentlichkeitsbeteiligung eingesetzt werden. Die Praxis zeigt, daß - zumindest augenblicklich - mit GIS erzeugte, anschauliche Ergebnisse politisch weniger in Frage gestellt werden. Trotzdem hängen politische Entscheidungen selten nur von Fakten der Informationssysteme ab.
Durch Anwendung von XPS lassen sich Indices mit fest vordefinierten Elementen und Beziehungen überwinden und quantifizierende nutzwertanalytische Verfahren vermeiden. Voraussetzung ist allerdings die Strukturierung des fachlichen Vorgehens und Formalisierung einiger wichtiger Abläufe. Ein wesentlicher Einfluß des (zukünftigen) Einsatzes von XPS in der UVP kann damit die Formalisierung methodischer Grundlagen sein. Diese dürfen die Umweltplanungsdisziplinen jedoch nicht der Informatik und Umwelttechnik alleine überlassen, weshalb in Kapitel 7 ein Beitrag zu leisten versucht wird.
Die Auswertung von Ansätzen zur Weiterentwicklung der Methodik aus Theorie und Praxis in Kapitel 5 erbringt folgende Ergebnisse:
Wenn auch bisweilen der Name vermieden und/ oder die Methodik als verbal-argumentative Bewertung bezeichnet wird, so finden sich doch regelmäßig Elemente der Ökologischen Risikoanalyse wieder wie die Relevanzbäume, die Präferenzmatrix, die Klassenbildung zwecks Einschätzung oder die Begrifflichkeit (Beeinträchtigungsempfindlichkeit, Beeinträchtigungsintensität, Ökologisches Risiko). Beispiele, die streng nach der ursprünglichen Methodik vorgehen, finden sich nicht mehr. Die meisten Gutachter verwenden einen Methodenbaukasten, indem sie quantitative Bilanzierungen, Szenarien, logische Aggregationen oder verbale Einschätzungen mit einfließen lassen.
Eine halbwegs einheitliche Methodik ist trotz der Dominanz der Ökologischen Risikoanlyse nicht zu erkennen. Vielmehr folgen die Gutachter verschiedenen Schulen oder haben im Laufe der Zeit eigene Methodiken entwickelt. Dies schließt die Indikatorenauswahl, die Klassenbildung und die Verknüpfungsvorschriften ein. Dadurch wird der Vergleich von UVS verschiedener Büros erschwert bis unmöglich gemacht.
Viele Gutachter sind stark von der Landschaftsplanung beeinflußt, weil sie von der Ausbildung und der sonstigen Arbeit dort verhaftet sind. Daher verwundert es nicht, daß die Methodik noch stark an die der Landschaftspflegerischen Begleitplanung erinnert und eine Umorientierung in Richtung auf Schutzgüter und Begrifflichkeit des UVPG nur langsam stattfindet. Insbesondere über die Zuordnung einzelner Auswirkungen zu Schutzgütern besteht noch Uneinigkeit, was dadurch an Relevanz gewinnt, daß i.d.R. bis auf Schutzgutebene aggregiert wird und dann die Schutzgüter gegenübergestellt werden.
Darüber hinaus ist anzumerken: Eintrittswahrscheinlichkeiten werden sehr selten thematisiert, obwohl im Risikobegriff fest verankert. Die Methodik vergleicht i.d.R. Varianten, indem Aggregatgrößen mit "hoch-mittel-gering" oder ähnlich eingeschätzt werden. Dadurch wird eine absolute Bewertung, wie sie 12 UVPG fordert, erschwert. Ansätze für eine absolute Einschätzung einzelner Größen liegen vor, finden aber erst allmählich Eingang in die Praxis. Weil genaue Untersuchungen meist kosten- und zeitaufwendig sind und selbst dann sichere Aussagen kaum möglich sind, werden Begriffe wie Beeinträchtigung oder Empfindlichkeit sehr allgemein benutzt. Um gesetzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen anwenden zu können, muß jedoch so genau wie möglich angegeben werden, wogegen das Schutzgut empfindlich ist und wodurch die Beeinträchtigung zustandekommen kann.
Insgesamt muß die Methodik noch deutlich in Richtung auf die gesetzlichen Anforderungen entwickelt werden, wenn die UVS entscheidungserhebliche Sachverhalte beschreiben sollen.
Zusammenfassend werden in Kapitel 6 die folgenden Schwachstellen identifiziert
Aus alldem werden in Kapitel 7 Vorschläge für die Weiterentwicklung abgeleitet:
Für die methodisch wichtigen Schritte Scoping, Ermittlung und Beschreibung, Bewertung und Berücksichtigung wird ein methodischer Ablauf entwickelt, der auf den drei Strängen Umwelt, Vorhaben und Maßstäbe aufbaut. Ziel des Scopings ist es festzulegen, was untersucht werden soll und wie dies zu geschehen hat. Ziel der Untersuchung ist die Ermittlung und Beschreibung sowie fachliche Einschätzung der erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens. Die Zusammenfassende Darstellung kann genauso strukturiert werden wie die UVS. Ziel der Bewertung ist die Prüfung der umweltbezogenen Zulässigkeit unter Vorsorgegesichtspunkten. Ziel der Entscheidung ist schließlich die Zulassung oder Ablehnung des Vorhabens unter Berücksichtigung aller Belange im Wege der Abwägung oder der gebundenen Erlaubnis. Bei der Abwägung der Belange kann ein als umweltunverträglich bewertetes Vorhaben dennoch zugelassen werden.
Das Scoping wird als zentrale Weichenstellung betrachtet. Seine Aufgaben sind:
Die politische Funktion eines so aufgefaßten Scopings wird deutlich.
Umweltqualitätsziele können zur Konkretisierung von Bewertungsmaßstäben zwecks Klassifikation bei der Einschätzung, der Bewertung und der Berücksichtigung herangezogen werden, da sie vorsorgeorientierte und regionalisierte Maßstäbe darstellen.
Es wird ein Beitrag zur Strukturierung der wesentlichen Aggregationsschritte geleistet, der ökologisch begründet, rechtlich umsetzbar und algorithmisierbar ist. Die Klassifizierungsvorschläge lauten für die Schritte:
Die Einschätzungen der Beeinträchtigungsintensität und des Ökologischen Risikos können mit Hilfe von Pfeildiagrammen veranschaulicht werden.
Für die Bewertung wird ebenfalls ein Klassifizierungsvorschlag unterbreitet: zerstörend, schädigend, gefährdend, belastend/ausgleichbar, belästigend, vermeidbar, verträglich/unerheblich, nicht bewertbar. Die starke Orientierung an umweltbezogenen gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wird deutlich. Gleichzeitig wird jedoch der Ermessensspielraum für die Behörde aufgezeigt. Auf eine allgemeingültige Richtschnur wird daher verzichtet.
Die vorgeschlagene Methodik betrachtet Risiko sowohl naturwissenschaftlich-technisch durch Verankerung von Eintrittswahrscheinlichkeiten als auch gesellschaftswissenschaftlich durch Gegenüberstellung der beiden Sichtweisen und Verhanlung der Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen. Ziel ist, eine Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, die sowohl gut begründet als auch gesellschaftlich legitim und akzeptabel ist. Welche Betrachtung in einem politischen Kontext der Akzeptanzfindung überlegen ist, steht nicht a priori fest, v.a. wenn Erfahrungen mit Auswirkungen fehlen und somit Unwägbarkeiten überwiegen.
Dadurch ist die Methodik geeignet für kooperatives Planungsmanagement, insbesondere bei den Schritten Scoping und Öffentlichkeitsbeteiligung. Dies bietet die folgenden Vorteile:
Die wesentlichen Grenzen des Ansatzes werden in den folgenden Punkten gesehen:
Während die erste Grenze methodisch und die zweite rechtlich lösbar erscheinen, wird die letzte für die zentrale Hürde gehalten, da sie von einzelnen Personen bestimmt wird.
Ende 1996 hat die europäische Kommission in Brüssel einen Richtlinienvorschlag für eine strategische Umweltprüfung (UVP für Pläne und Programme) vorgelegt, der seitdem in Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten intensiv beraten wird. Mit dieser Richtlinie möchte die europäische Kommission die bisherige vorhabenbezogene UVP weiterentwickeln. Strategische Entscheidungen im Vorfeld des Zulassungsverfahrens für ein UVP-pflichtiges Vorhaben sollen zukünftig verstärkt aus Sicht der Umwelt hinterfragt, die Entscheidungsprozesse sollen transparenter gemacht werden.
Doch welche Pläne und Programme sollen von der zukünftigen Regelung betroffen werden? Im Zentrum der Überlegungen stehen zunächst die sogenannten Querschnittsplanungen wie die Regionalplanung und die Bauleitplanung. Nach Aussage der Kommission sollen aber auch Fachplanungen wie die Verkehrsplanung und die Abfallwirtschaftsplanung erfasst werden.
Der Anwendungsbereich der geplanten Richtlinie steht im Mittelpunkt einer Veröffentlichung, die die UVP-Gesellschaft e.V. (Hamm) gemeinsam mit dem Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen vorbereitet hat. In den einzelnen Beiträgen werden die aus Sicht des Richtlinienvorschlags wichtigen Planungsbereiche Landesentwicklungsplanung, Regionalplanung, Bauleitplanung, Abfallwirtschaftsplanung und Verkehrsplanung geschildert und Ansätze im Hinblick auf eine strategische Umweltprüfung entwickelt.
Die Beiträge dieser Publikation basieren auf einer Fachtagung der Herausgeber im Mai 1997 im Öko-Zentrum NRW in Hamm.
Die EU-Kommission hat im Dezember 1996 einen Richtlinienvorschlag für eine Strategische Umweltprüfung (auch: UVP für Pläne und Programme) vorgestellt (Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, Dokument KOM(96) 511 endg. - 96/0304(SYN), von der Kommission vorgelegt am 25.03.1997, ABl. EU Nr. C 129/14 vom 25.04.1997).
Um Erfahrungen zur praktischen Anwendung und gesetzlichen Verankerung der Strategischen Umweltprüfung in der Regionalplanung zu sammeln, hat das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MURL NW) gemeinsam mit der UVP-Gesellschaft e.V. einen Praxistest der Strategischen Umweltprüfung in der Gebietsentwicklungsplanung (GEP) in Form eines Planspiels durchgeführt.
Die Verfahrensanforderungen des Richtlinienvorschlags wurden dabei auf das GEP-Änderungsverfahren projiziert. Der Ablauf des Planspielverfahrens, in dem die Verfahrensanforderungen der Strategischen Umweltprüfung in das heutige Verwaltungsverfahren integriert wurden, ist in der Abb. 1 dargestellt.
In der Regionalplanung sind grundsätzlich drei Anwendungsfälle der Strategischen Umweltprüfung zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche inhaltlich-methodische Anforderungen mit sich bringen:
Zudem ist zwischen der einzelnen GEP-Änderung und der Neuaufstellung eines GEP mit einer hohen Anzahl an Einzelentscheidungen zu unterscheiden.
Durch das MURL NW wurde für das Planspiel die Erweiterung von Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen in einer Teilregion des Landes ausgewählt, da Veränderungen des Siedlungsbereichs der häufigste Anwendungsfall in der Regionalplanung ist.
Abb. 1: Ablauf eines GEP-Änderungsverfahrens und Verfahrensanforderungen der Strategischen Umweltprüfung
Grundlage des Planspiels war - zeitlich, personell und inhaltlich verkürzt - folgender Fall:
Anläßlich eines neuen Autobahnanschlusses melden drei Gemeinden (Teilgebiet des Regierungsbezirks)# Bedarf zur Erweiterung gewerblicher Flächen an, wozu eine GEP-Änderung erforderlich ist. Diese Wünsche stoßen jedoch auf regionalplanerische Vorbehalte: Zwei der Gemeinden haben bereits heute in größerem Umfang ungenutzte Gewerbeflächen ausgewiesen, so dass ein Überhang besteht. Die dritte Kommune ist in ihren Erweiterungsmöglichkeiten aufgrund von Naturraum- und Wasserschutzgesichtspunkten räumlich sehr stark eingeschränkt. Die Bezirksplanungsbehörde prüft darum auch, ob die Bedarfe der drei Gemeinden im Rahmen einer interkommunalen Kooperation gedeckt werden können.
Das Planspiel umfasste folgende Verfahrensschritte (s. auch Abbildung 1):
Den dann erforderlichen Aufstellungsbeschluss durch den Bezirksplanungsrat sowie die Genehmigung des Plans durch die oberste Landesplanungsbehörde war nicht mehr Bestandteil des Planspiels.
Am 1.10.1998 fand bei der Bezirksplanungsbehörde in Detmold ein Termin zur Abstimmung von Inhalt und Detaillierungsgrad der Umwelterklärung (Scoping) zur beabsichtigten Änderung des Gebietsentwicklungsplanes statt. Gesprächsgrundlage war ein von der UVP-Gesellschaft vorbereitetes Scoping-Papier. Teilnehmer des Termins waren neben der Bezirksplanungsbehörde Vertreter von Umweltbehörden (StUÄ, LÖBF, Höhere Landschaftsbehörde) sowie Gemeindevertreter (Städte- und Gemeindebund).
Auf der Basis dieser Besprechung erarbeitete die UVP-Gesellschaft e.V. unter enger Einbeziehung der Bezirksplanungsbehörde eine Umwelterklärung (gemäß Artikel 5 des Richtlinienvorschlags), die sowohl strategische Lösungsansätze als auch räumliche Alternativen mit einbezieht. Die Informationen der Umwelterklärung wurden in die regionalplanerische Abwägung einbezogen, die ebenfalls als Entwurf für das Planspiel vorbereitet worden ist. Die Planspielteilnehmer (Gemeindevertreter, Vertreter aus Umweltbehörden, Träger öffentlicher Belange, Umweltverbände, Öffentlichkeit) sichteten die Umwelterklärung aus ihrer spezifischen Sicht und bereiteten eine Kurzstellungnahme zur Planung und zur Umwelterklärung vor.
Das Beteiligungsverfahren zum Planspiel fand am 2. und 3.12.1998 in Bielefeld statt. Die Planspielteilnehmer erhielten in zwei parallel arbeitenden Gruppen Gelegenheit, zu Planung und Umwelterklärung Stellung zu beziehen. Die Bezirksplanungsbehörde hatte bei der Überarbeitung der Planung die Stellungnahmen zu berücksichtigen. Der teilweise überarbeitete Planentwurf wurde anschließend zum "Ausgleich der Meinungen" diskutiert.
Neben dem Beteiligungsverfahren wurden während dieser zwei Tage Diskussionsblöcke zur Plan- und Programm-UVP allgemein, zum Richtlinienvorschlag sowie zu ausgewählten Themengebieten (z.B. Öffentlichkeitsbeteiligung) durchgeführt.
Als Teilnehmer des Planspieltermins wurden 20 Vertreter von Fachbehörden und Verbänden eingeladen, die größtenteils bereits heute in die GEP-Verfahren eingebunden werden. Als Vertreter der Öffentlichkeit, deren Beteiligung in GEP-Verfahren bislang nicht vorgesehen ist, wurden Vertreter von Bürgerinitiativen aus NRW einbezogen.
Das Planspiel wurde von ca. 30 Beobachtern (z.B. aus der Europäischen Kommission, aus anderen Bundesländern, aus der Ministerkonferenz für Raumordnung, von Hochschulen und Verbänden) begleitet, die sich in den Diskussionsblöcken aktiv einbringen konnten.
Aus dem Planspiel konnte ein insgesamt positives Fazit gezogen werden. Zum einen waren die Diskussionen zwischen den verschiedenen Beteiligten lebhaft, intensiv und offen. Dabei erwies es sich als hilfreich, dass ein konkreter Fall die Grundlage bildete, sodass die Diskussionen immer wieder auf diesen Fall zurückgeführt werden konnten.
Im Zusammenhang mit dem kontrovers diskutierten Thema "Öffentlichkeitsbeteiligung" konnten in den Gesprächen und Diskussionen Vorbehalte teilweise abgebaut werden, sodass am Ende eher das "Wie" im Vordergrund der Diskussion stand als das "Ob".
Der Planspielfall wurde vielfach als zu einfach bzw. zu projektnah kritisiert. Dennoch wurde deutlich, dass es bereits in einem solchen Fall einen Diskussionsbedarf gibt, der zum einen die Öffentlichkeitsbeteiligung betrifft, zum anderen die schriftliche Darlegung der Umweltfolgen der Planung. In der anschliessenden Diskussion wurden die verschiedenen Betrachtungsebenen einer Strategischen Umweltprüfung sehr deutlich. Frau Feldmann von der EU-Kommission ermunterte in diesem Zusammenhang ausdrücklich zu einer möglichst weitgehenden Anwendung der Strategischen Umweltprüfung auf alle strategischen Entscheidungen, die Einfluss auf die räumliche Entwicklung haben können.
Die UVP-Gesellschaft hat anhand der Diskussionsschwerpunkte und Ergebnisse des Planspiels Empfehlungen an das Land Nordrhein-Westfalen formuliert, die sich an drei verschiedenen Ebenen richten.