Durch das Inkrafttreten des UVPG und der UVPVwV sind neue rechtliche Grundlagen entstanden, die Rückwirkungen auf die Methodik der UVP haben müssen. Parallel dazu haben sich durch den Einsatz moderner Datenverarbeitungstechniken neue methodische Möglichkeiten, aber auch Anforderungen, ergeben.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist die Weiterentwicklung der Ökologischen Risikoanalyse als verbreiteter Methode zur Beurteilung von Umweltauswirkungen. Dabei sollen planerische, ökologische, juristische und informationstechnische Gesichtspunkte zusammengeführt werden.
Die Ökologische Risikoanalyse dient der Beurteilung der ökologischen Nutzungsverträglichkeit bei unvollständiger Information. Die Methodik wurde zunächst von Landschaftsplanern für die Ebene der Regionalplanung entwickelt. UVP war ein Beitrag der Landschaftsplanung im Raumordnungsverfahren. Die Methode versteht sich politisch, da sie nicht frei von Wertungen ist. Die Suche nach einem akzeptablen Risiko ist kein Problem technisch-naturwissenschaftlicher Optimierung, sondern eines der gesellschaftlichen Akzeptanz.
Der Risikobegriff wird in Kapitel 2 aus verschiedenen Blickwinkeln untersucht:
Da Erfahrung mit Umweltauswirkungen i.d.R. nicht vorliegt, treten wissenschaftlich begründete oder intuitive Wahrscheinlichkeitsannahmen an ihre Stelle. Die UVP als entscheidungsvorbereitendes und vorsorgeorientiertes Instrument kann sich nicht nur auf analytische Unsicherheit beschränken, sondern muß auf Wertunsicherheiten und subjektive Wertungen eingehen und damit einen Beitrag zum Konfliktmanagement zu leisten versuchen. Gesellschaftliche Gesichtspunkte des Risikobegriffs können innerhalb der Umweltverträglichkeitsprüfung behandelt werden, wenn Verhandlungen über zu erwartende Wirkungen und insbesondere Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen stattfinden. Diese Verhandlungen sind durch wissenschaftliche Untersuchungen und Abschätzungen zu unterstützen und abzusichern.
Um dies leisten zu können, müßten bei der Einschätzung des Ökologischen Risikos Phasen der wissenschaftlichen Untersuchung mit solchen der Verhandlung abwechseln. Damit müßte UVP zum Verhandlungsinstrument werden und einer politischen Systemlogik folgen.
Die Analyse der Auswirkungen des UVPG und der UVPVwV auf die Methodik in Kapitel 3 erbringt die folgenden Ergebnisse:
Das bedeutet:
Die z.T. bereits vor Inkrafttreten des UVPG entwickelten kommunalen UVP-Konzepte dagegen betonen aufgrund ihrer kommunalpolitischen Legitimierung die frühzeitige Einwirkung auf Vorhaben. Es werden anspruchsvolle Bewertungsmaßstäbe diskutiert, aber die verwendete Methodik ist i.d.R. stark vereinfachend und wenig transparent, so daß die hohen Erwartungen kaum einlösbar sein dürften.
Eine zusammenfassende Gegenüberstellung der für die vorliegende Arbeit relevanten Kennzeichen der gesetzlichen UVP auf der einen und der freiwilligen kommunalen UVP auf der anderen Seite zeigt, daß die UVP bei enger Auslegung des UVPG und der Fachgesetze, insbesondere des BImSchG, zum Teil eines hoheitlichen Verwaltungsverfahrens wird. Die Öffentlichkeit wird beim Scoping nur ansatzweise und fakultativ durch die Behörden einbezogen, ansonsten "angehört". Untergesetzliche Regelungen samt an Gefahrenabwehr orientierten Grenzwerten werden zugrundegelegt, systemare Gedanken auf die Behandlung von Problemverschiebungen zwischen Schutzgütern reduziert. Kommunale UVP dagegen beruht oft auf Verhandlungen und versucht, vorsorgeorientierte Bewertungsmaßstäbe zu institutionalisieren.
Dennoch bestehen Möglichkeiten bei gutem Willen der Beteiligten (Vorhabenträger, Zulassungsbehörde, Gutachter, Umweltverbände) und entsprechender Relevanz des Vorhabens: Das Scoping kann mit Hilfe einer Antragskonferenz sowie im Vorfeld der Antragstellung konfliktmindernd eingesetzt werden, wenn die federführende Behörde dies betreibt. Die UVU können von Arbeitskreisen und Verhandlungen begleitet werden, wenn der Vorhabenträger einwilligt (was auch vom Gutachter abhängt). Beim Bewertungsschritt kann z.B. ein runder Tisch für mehr Vertrauen und schnellere Verfahren sorgen. Von einigen Juristen wird auch die Anwendung vorsorgeorientierter Umweltqualitätsstandards für rechtlich angezeigt gehalten.
Die kommunale UVP hat den Weg in einigen Städten vorgezeichnet, auch wenn die Verhandlungen hier i.d.R. zwischen Umweltverwaltung und Bauverwaltung stattfinden, ohne die Öffentlichkeit mit Ausnahme der Umweltverbände zu beteiligen. Außerdem sind hier noch gravierende methodische Mängel festzustellen.
Kapitel 4 zeigt Möglichkeiten und Grenzen der Anwendung von Informatikwerkzeugen am Bei spiel von Geo-Informations- und Expertensystemen auf.
Zweifellos lassen sich viele sinnvolle Untersuchungen leichter und v.a. zügiger mit Rechnerunterstützung durchführen. Man kann anspruchsvolle Methoden (z.B. Grundwasser-, Lärmmodelle) einsetzen und Auswirkungen ermitteln, die ohne Rechnereinsatz nicht ermittelbar gewesen wären. Man kann aber genauso sachlichen Unfug beschleunigt durchführen und anspruchsvoll präsentieren, indem man z.B. unzulässige Methoden auf schlechte Daten losläßt. Daher sind insbesondere in GIS oder XPS benutzte externe Modelle kritisch dahingehend zu hinterfragen, ob sie interne Wertungen und Gewichtungen enthalten, die nicht sachlich begründet sind.
Jede Technik beeinflußt auch die Methodik und die Ergebnisse. Rechnereinsatz führt allgemein dazu, daß mehr untersucht wird, z.T. auch gründlicher und mit höherer Qualität, und daß mehr Aufwand in die Präsentation der Ergebnisse investiert wird. Dabei wird nicht immer nachgefragt, ob das Ergebnis den Aufwand rechtfertigt. Darüber hinaus übt der Einsatz von GIS und XPS einen Druck auf die Fachdisziplin aus, ihre Methoden zu strukturieren und damit bis zu einem bestimmten Grad zu formalisieren. Dies muß allerdings kein Nachteil sein; es kann auch zu mehr Nachvollziehbarkeit für Dritte führen, wenn intuitive und unreflektierte Setzungen verhindert werden. Statt dessen kann man sich ebenso unreflektiert mathematisch-statistische Setzungen einhandeln, z.B. bei der Klassendefinition. Die Renaissance der rein quantitativer Methoden ist nicht zwangsläufig Resultat des Rechnereinsatzes, sondern die Folge von Softwareentwicklung ohne Beteiligung methodisch versierter Fachleute.
Es besteht Grund für die Annahme, daß die Umweltbelange aufgrund übersichtlicherer Darstellung der Ergebnisse und Untermauerung der Argumente mit Fakten wesentlich früher in Planungsprozesse einbezogen werden und sich gleichzeitig ihr Stellenwert wesentlich erhöht. Wenn von den Dokumentationsfähigkeiten fortgeschrittener Software Gebrauch gemacht wird, können die Werkzeuge auch für die Öffentlichkeitsbeteiligung eingesetzt werden. Die Praxis zeigt, daß - zumindest augenblicklich - mit GIS erzeugte, anschauliche Ergebnisse politisch weniger in Frage gestellt werden. Trotzdem hängen politische Entscheidungen selten nur von Fakten der Informationssysteme ab.
Durch Anwendung von XPS lassen sich Indices mit fest vordefinierten Elementen und Beziehungen überwinden und quantifizierende nutzwertanalytische Verfahren vermeiden. Voraussetzung ist allerdings die Strukturierung des fachlichen Vorgehens und Formalisierung einiger wichtiger Abläufe. Ein wesentlicher Einfluß des (zukünftigen) Einsatzes von XPS in der UVP kann damit die Formalisierung methodischer Grundlagen sein. Diese dürfen die Umweltplanungsdisziplinen jedoch nicht der Informatik und Umwelttechnik alleine überlassen, weshalb in Kapitel 7 ein Beitrag zu leisten versucht wird.
Die Auswertung von Ansätzen zur Weiterentwicklung der Methodik aus Theorie und Praxis in Kapitel 5 erbringt folgende Ergebnisse:
Wenn auch bisweilen der Name vermieden und/ oder die Methodik als verbal-argumentative Bewertung bezeichnet wird, so finden sich doch regelmäßig Elemente der Ökologischen Risikoanalyse wieder wie die Relevanzbäume, die Präferenzmatrix, die Klassenbildung zwecks Einschätzung oder die Begrifflichkeit (Beeinträchtigungsempfindlichkeit, Beeinträchtigungsintensität, Ökologisches Risiko). Beispiele, die streng nach der ursprünglichen Methodik vorgehen, finden sich nicht mehr. Die meisten Gutachter verwenden einen Methodenbaukasten, indem sie quantitative Bilanzierungen, Szenarien, logische Aggregationen oder verbale Einschätzungen mit einfließen lassen.
Eine halbwegs einheitliche Methodik ist trotz der Dominanz der Ökologischen Risikoanlyse nicht zu erkennen. Vielmehr folgen die Gutachter verschiedenen Schulen oder haben im Laufe der Zeit eigene Methodiken entwickelt. Dies schließt die Indikatorenauswahl, die Klassenbildung und die Verknüpfungsvorschriften ein. Dadurch wird der Vergleich von UVS verschiedener Büros erschwert bis unmöglich gemacht.
Viele Gutachter sind stark von der Landschaftsplanung beeinflußt, weil sie von der Ausbildung und der sonstigen Arbeit dort verhaftet sind. Daher verwundert es nicht, daß die Methodik noch stark an die der Landschaftspflegerischen Begleitplanung erinnert und eine Umorientierung in Richtung auf Schutzgüter und Begrifflichkeit des UVPG nur langsam stattfindet. Insbesondere über die Zuordnung einzelner Auswirkungen zu Schutzgütern besteht noch Uneinigkeit, was dadurch an Relevanz gewinnt, daß i.d.R. bis auf Schutzgutebene aggregiert wird und dann die Schutzgüter gegenübergestellt werden.
Darüber hinaus ist anzumerken: Eintrittswahrscheinlichkeiten werden sehr selten thematisiert, obwohl im Risikobegriff fest verankert. Die Methodik vergleicht i.d.R. Varianten, indem Aggregatgrößen mit "hoch-mittel-gering" oder ähnlich eingeschätzt werden. Dadurch wird eine absolute Bewertung, wie sie 12 UVPG fordert, erschwert. Ansätze für eine absolute Einschätzung einzelner Größen liegen vor, finden aber erst allmählich Eingang in die Praxis. Weil genaue Untersuchungen meist kosten- und zeitaufwendig sind und selbst dann sichere Aussagen kaum möglich sind, werden Begriffe wie Beeinträchtigung oder Empfindlichkeit sehr allgemein benutzt. Um gesetzliche Zulässigkeitsvoraussetzungen anwenden zu können, muß jedoch so genau wie möglich angegeben werden, wogegen das Schutzgut empfindlich ist und wodurch die Beeinträchtigung zustandekommen kann.
Insgesamt muß die Methodik noch deutlich in Richtung auf die gesetzlichen Anforderungen entwickelt werden, wenn die UVS entscheidungserhebliche Sachverhalte beschreiben sollen.
Zusammenfassend werden in Kapitel 6 die folgenden Schwachstellen identifiziert
Aus alldem werden in Kapitel 7 Vorschläge für die Weiterentwicklung abgeleitet:
Für die methodisch wichtigen Schritte Scoping, Ermittlung und Beschreibung, Bewertung und Berücksichtigung wird ein methodischer Ablauf entwickelt, der auf den drei Strängen Umwelt, Vorhaben und Maßstäbe aufbaut. Ziel des Scopings ist es festzulegen, was untersucht werden soll und wie dies zu geschehen hat. Ziel der Untersuchung ist die Ermittlung und Beschreibung sowie fachliche Einschätzung der erheblichen Umweltauswirkungen des Vorhabens. Die Zusammenfassende Darstellung kann genauso strukturiert werden wie die UVS. Ziel der Bewertung ist die Prüfung der umweltbezogenen Zulässigkeit unter Vorsorgegesichtspunkten. Ziel der Entscheidung ist schließlich die Zulassung oder Ablehnung des Vorhabens unter Berücksichtigung aller Belange im Wege der Abwägung oder der gebundenen Erlaubnis. Bei der Abwägung der Belange kann ein als umweltunverträglich bewertetes Vorhaben dennoch zugelassen werden.
Das Scoping wird als zentrale Weichenstellung betrachtet. Seine Aufgaben sind:
Die politische Funktion eines so aufgefaßten Scopings wird deutlich.
Umweltqualitätsziele können zur Konkretisierung von Bewertungsmaßstäben zwecks Klassifikation bei der Einschätzung, der Bewertung und der Berücksichtigung herangezogen werden, da sie vorsorgeorientierte und regionalisierte Maßstäbe darstellen.
Es wird ein Beitrag zur Strukturierung der wesentlichen Aggregationsschritte geleistet, der ökologisch begründet, rechtlich umsetzbar und algorithmisierbar ist. Die Klassifizierungsvorschläge lauten für die Schritte:
Die Einschätzungen der Beeinträchtigungsintensität und des Ökologischen Risikos können mit Hilfe von Pfeildiagrammen veranschaulicht werden.
Für die Bewertung wird ebenfalls ein Klassifizierungsvorschlag unterbreitet: zerstörend, schädigend, gefährdend, belastend/ausgleichbar, belästigend, vermeidbar, verträglich/unerheblich, nicht bewertbar. Die starke Orientierung an umweltbezogenen gesetzlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wird deutlich. Gleichzeitig wird jedoch der Ermessensspielraum für die Behörde aufgezeigt. Auf eine allgemeingültige Richtschnur wird daher verzichtet.
Die vorgeschlagene Methodik betrachtet Risiko sowohl naturwissenschaftlich-technisch durch Verankerung von Eintrittswahrscheinlichkeiten als auch gesellschaftswissenschaftlich durch Gegenüberstellung der beiden Sichtweisen und Verhanlung der Vermeidungs-, Verminderungs- und Ausgleichsmaßnahmen. Ziel ist, eine Grundlage für Entscheidungen zu schaffen, die sowohl gut begründet als auch gesellschaftlich legitim und akzeptabel ist. Welche Betrachtung in einem politischen Kontext der Akzeptanzfindung überlegen ist, steht nicht a priori fest, v.a. wenn Erfahrungen mit Auswirkungen fehlen und somit Unwägbarkeiten überwiegen.
Dadurch ist die Methodik geeignet für kooperatives Planungsmanagement, insbesondere bei den Schritten Scoping und Öffentlichkeitsbeteiligung. Dies bietet die folgenden Vorteile:
Die wesentlichen Grenzen des Ansatzes werden in den folgenden Punkten gesehen:
Während die erste Grenze methodisch und die zweite rechtlich lösbar erscheinen, wird die letzte für die zentrale Hürde gehalten, da sie von einzelnen Personen bestimmt wird.
Mit der Reihe UVP-SPEZIAL gab die UVP-Gesellschaft beispielhafte Monographien oder Tagungsbände zur UVP heraus. Sie wird zur Zeit nicht fortgeführt.
Redaktion der Schriftenreihe: Edmund A. Spindler (Heft 1-11), Dieter Wagner (Heft 12-16), Dr. Frank Scholles (Heft 17-20).
Bezug über uns oder den Rohn-Verlag.
Die Behandlung des Klimas als relevante Größe in flächenbezogenen Planungsprozessen war in der Vergangenheit bereits mehrfach Gegenstand von Untersuchungen der Umweltbehörde und Stadtplanung in Bremen. Naturschutzbehörde und Planungsamt haben mit einem Stadtklimagutachten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) 1995 fachliche Grundlagen bereitgestellt. Diese umfassen Bestandsanalysen bis hin zu Ansätzen zu einer Entwicklung von Umweltqualitätszielen. Im Landschaftsprogramm Bremen von 1987 wurden klimatische Funktionsräume benannt und in ihrer Bedeutung für die städtische Umwelt bewertet. Bereits die "Bewertung von Funktionen der Freiräume in Bremen" des Bausenators von 1978 beinhaltet Planungshinweise zur Berücksichtigung klimatischer Auswirkungen. Das Stadtentwicklungskonzept von 1999 beschränkt sich hingegen wieder auf die Würdigung von Freiraumkeilen in ihrer Bedeutung für die Frischluftzufuhr in das bebaute Stadtgebiet.
Auch von privater Seite fand das Klima in Bremen früh Beachtung, die ältesten dokumentierten Klimabeobachtungen gehen 200 Jahre zurück, seit nunmehr 170 Jahre ohne nennenswerte Unterbrechungen gibt es regelmäßige Klimauntersuchungen, so daß bei der Planung auf ein umfassendes und langjähriges Datenmaterial zurückgegriffen werden kann.
Die UVP-Leitstelle hatte 1990 in der Vorstudie für ein Planungshandbuch zur UVP in der Bauleitplanung erste Entwürfe für Beurteilungsmodelle und Bewertungskriterien im Bereich Klima vorgeschlagen. In der UVP-Praxis läßt sich jedoch bisher nicht feststellen, daß das Schutzgut Klima einen Einfluß auf die Planung gefunden hätte, der seiner Bedeutung insbesondere für das Wohlbefinden der Menschen entspräche.
Mit Einführung der gesetzlichen Umweltverträglichkeitsprüfung für bestimmte Projekte aufgrund einer Richtlinie des Rates der Europäischen Union im Jahre 1990, ebenso mit Einführung einer Planungs-UVP durch den Senator für Umweltschutz und Stadtentwicklung 1988 zur Behandlung der Umweltbelange in der Bauleitplanung in der Stadtgemeinde Bremen, erhielt die Beachtung des Klimas als eines unter acht zu berücksichtigenden Schutzgütern einen neuen Stellenwert in einem fortan formalisiert durchzuführenden Prüfverfahren.
Durch die aufgrund der vorgeschlagenen Richtlinie des Rates zur strategischen Umweltverträglichkeitsprüfung zu erwartende Einführung einer UVP für Pläne und Programme wird die Beachtung des Schutzgut Klimas in Entscheidungsprozessen zur Stadtplanung weiter zunehmen.
Durch die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Umsetzung der UVP-Richtlinie, sowie durch die jetzt direkt anzuwendende UVP-Änderungsrichtlinie, wurde der Katalog UVP-pflichtiger Vorhaben erheblich erweitert. Hier sind als Projektkategorien mit besonderer Bedeutung für Bremen insbesondere Infrastrukturprojekte zu nennen, darunter Städtebauprojekte, die Anlage von Industriezonen sowie der Bau von Straßen, Häfen und Hafenanlagen. Für alle dieser Projekte werden - sofern aufgrund ihrer Größe, ihres Standortes und ihrer Eigenheiten im Einzelfall mit erheblichen Umweltauswirkungen zu rechnen ist - die Auswirkungen auf das Klima künftig qualifiziert geprüft und berücksichtigt werden müssen. Dies gilt für Bremen angesichts der jüngsten positiven Wirtschaftsentwicklung insbesondere aufgrund der erheblichen Zuwächse an Wohn- und Gewerbegebieten: In bisherigen Außenbereichen sollen Flächen in einem Umfang von weit mehr als 3 % des gesamten Gemeindegebietes als zusätzliche Gewerbegebiete neu in Anspruch genommen oder umgenutzt werden; darüber hinaus 1,8 % des Gemeindegebietes als neue Wohngebiete. Viele der betroffenen Bereiche besitzen augenscheinlich eine Bedeutung für das Stadtklima, z. T. allein aufgrund der Flächengröße, z. T. aber auch aufgrund ausgewiesener Funktionen für das städtische Klima und ihrer Lage zwischen alter Wohnbebauung und offener Landschaft. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer vertieften und qualifizierten Berücksichtigung des Klimas in der UVP. Dabei sind die künftig erhöhten rechtlichen Anforderungen an das Verfahren zu beachten.
Die notwendigen Methoden und der Untersuchungsumfang einer UVP sind dabei in jedem Einzelfall festzulegen. Als Grundlage für diese Einzelfallentscheidungen fehlt jedoch bis heute - trotz aller Vorarbeiten - ein von den beteiligten Stellen in Bremen allgemein akzeptierter methodischer Standard. Auch bundesweit krankt die Behandlung des Schutzgutes Klima offensichtlich an diesem Defizit. Der in dem vorliegenden Band dokumentierte Workshop der UVP-Leitstelle in Zusammenarbeit mit der UVP-Gesellschaft in Bremen soll der Vorbereitung von Leitlinien zur Berücksichtigung des Klimas in der gesetzlichen UVP in Bremen und dem Einstieg in die Diskussion mit den davon betroffenen Kreisen dienen.
Der vollständige Tagungsreader kann gegen Kostenbeitrag bei der
Die Rahmenbedingungen für die Regionalplanung verändern sich dynamisch und erfordern methodische Weiterentwicklungen. Auf der einen Seite gerät die traditionelle, förmliche Regionalplanung als Planungsinstanz auf der regionalen Ebene vor allem im Zuge der allgemeinen Diskussion um Verwaltungsreformen in die Kritik. Auf der anderen Seite gewinnt die regionale Ebene insbesondere aufgrund des gewandelten Staats- und Planungsverständnisses zunehmend an Bedeutung. Hiermit ist gleichfalls ein Bedarf an institutionellen Innovationen verbunden, sodass die regionalplanerische Praxis bereits im Wandel begriffen ist und es auch vielfältige theoretische Überlegungen über die Fortentwicklung des regionalplanerischen Aufgabenfelds gibt. Letztere konzentrieren sich vornehmlich auf prozessgestaltende Aspekte wie neue Kooperations- und Koordinationsstrategien sowie verstärkte Informations-, Beratungs- und Moderationstätigkeiten. Demgegenüber gerät die Diskussion um neue, dem sich wandelnden Aufgabenfeld angepasste Instrumente nur zögerlich in Bewegung. Hier setzt die vorliegende Arbeit an, da zu den bereits bestehenden Entwicklungen mit dem neuen gesamtgesellschaftlichen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung neue Anforderungen hinzukommen, die mit dem vorhandenen Planungsinstrumentarium nicht abgedeckt werden können.
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es daher, Perspektiven für eine "zukunftsfähigere"(1) Instrumentalisierung der Regionalplanung auszuloten, verbunden mit dem Anspruch, hiermit gleichzeitig Chancen für deren Stärkung im regionalen Akteursfeld auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung zu identifizieren. Dabei konzentriert sich die Analyse auf Methoden der Umweltbilanzierung, weil das "Bilanz ziehen" im Zuge der Nachhaltigkeitsdiskussion zunehmend populärer wird und hiermit auch für die Weiterentwicklung regionalplanerischer Aufgaben sehr weit gefasste Erwartungen verbunden sind, der methodische Kenntnisstand über die verfügbaren Umweltbilanzmethoden demgegenüber aber sehr begrenzt ist.
In Kapitel 2 werden die Rahmenbedingungen für eine zukunftsfähige Regionalplanung beleuchtet und hieraus ein Rahmen für die Analyse der vielfältigen Umweltbilanzansätze entwickelt.
Neben dem allgemeinen Wandel im staatlichen Planungsverständnis sowie damit verbunden auch dem der Regionalplanung im Besonderen (s. Kap. 2.1) wird dabei ein Schwerpunkt auf die Nachzeichnung des wissenschaftlichen Diskussionsstands zum neuen gesamtgesellschaftlichen Leitbild der nachhaltigen Entwicklung gelegt (s. Kap. 2.2). Denn obwohl dieses auch im neuen Raumordnungsgesetz (ROG) als raumordnerisches Leitbild verankert ist, ist es in seiner Bedeutung für zukünftige regionalplanerische Aufgaben bisher kaum reflektiert. Hieraus ergibt sich, dass mit dem Nachhaltigkeitsleitbild neue räumliche, inhaltliche und zeitliche Dimensionen verbunden sind, für die die traditionellen Planungsinstrumentarien und -methoden keine ausreichende Lösung bieten. Denn aus dem Grundkonsens über die Operationalisierung einer nachhaltigen Entwicklung resultieren neue Entscheidungsparameter wie die Beachtung globaler Aspekte sowie der haushälterische Umgang mit den natürlichen Ressourcen und die Beachtung der Konsistenz der Stoffströme(2). Dem gegenüber konzentrieren sich die traditionellen regionalplanerischen Instrumentarien und Methoden auf die regionalen Aspekte und auf ein einzelnes Problemfeld, wie den Umgang mit den knappen Flächenressourcen. Zwar kann die Regionalplanung durch die räumlich-strukturierende Ordnung des Raumes indirekte Beiträge für die Steuerung der übrigen Ressourcenverbräuche und der Stoffströme leisten, jedoch sind hierdurch mittel- bis kurzfristig nur wenige positive Effekte zu erwarten.
Dem gegenüber könnte die Regionalplanung aus prozessualer Sicht eine Schlüsselrolle auf dem Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung spielen, denn es besteht Konsens, dass Nachhaltigkeit nur als gesellschaftlich diskursives Leitbild bestimmbar ist und die Umsetzung partizipative und selbstorganisierend gestaltete Such-, Lern- und Verständigungsprozesse voraussetzt. Hierfür kommt der regionalen Ebene eine besondere Bedeutung zu, und aufgrund ihrer neutralen Position im regionalen Akteursfeld könnte die Regionalplanung (theoretisch) die Gestaltung der notwendigen gesellschaftlichen Diskurse übernehmen (s. Kap. 2.3).
Zusammenfassend wird vor diesem Hintergrund ein weitgefasstes Profil einer "Zukunftsfähigen Regionalen Planung"(3) entwickelt, das im Folgenden als Rahmen für die Analyse der Umweltbilanzen verwendet wird (s. Kap. 2.4). Dieses bezieht sich auf die allgemeinen Komponenten von Planungsprozessen wie die formalen Schritte zur Informationsgewinnung und -verarbeitung (Analyse, Bewertung, Alternativenentwicklung, Zielfindung, Monitoring, Erfolgskontrolle) sowie auf die Gestaltung von Prozessen zur Konsensfindung und berücksichtigt maßgeblich neue Anforderungen, die sich aus der wissenschaftlichen Diskussion zum Leitbild der nachhaltigen Entwicklung ableiten lassen. Dabei ist ein ökologischer Zugang gewählt worden, weil sich nur hierfür aus der Literatur allgemeine Hinweise gewinnen lassen.
In Kapitel 3 wird eine Übersicht über die verfügbaren Umweltbilanzmethoden hergestellt. Da derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher methodischer Ansätze zu diesem Thema zu finden ist und besonders die Bilanzverständnisse der räumlichen Umweltplanung sowie die der neueren Umweltpolitik und Nachhaltigkeitsdiskussion weit auseinander gehen, wird der Umweltbilanzbegriff dabei weitgefasst für solche Methoden verwendet, die sich im weitesten Sinne mit der "Bilanzierung" von Teilaspekten der natürlichen Umwelt befassen.
Zur Systematisierung der verschiedenen Ansätze werden zunächst der Bilanz-Begriff sowie grundlegende Bilanzverständnisse geklärt und deren methodische Charakteristiken herausgearbeitet (s. Kap. 3.1). Auf dieser Basis lassen sich die vorzufindenen Umweltbilanzansätze stark vereinfacht in drei Typen einteilen. Dieses sind:
Dabei lässt sich feststellen, dass in der räumlichen Umweltplanung bisher eine sehr weitgefasste, aber wenig präzise Umweltbilanzauffassung vorherrscht, die entweder von einem umgangssprachlichen Begriffsverständnis im Sinne eines abschließenden Fazits bzw. "Bilanz ziehens" geprägt ist, oder sich an kaufmännische Bilanzprinzipien bzw. andere Methoden des kaufmännischen Rechnungswesens anlehnt, wobei die Übergänge in der Regel fließend sind (s. Kap. 3.2.1). Im Hinblick auf das Anforderungsprofil einer Zukunftsfähigen Regionalen Planung erscheinen jedoch beide Typen nicht geeignet, hieran eine vertiefende Analyse anzuknüpfen. Denn während mit dem erst genannten Typus keine besonderen methodischen Anforderungen verbunden sind und dieser zudem nur im weitesten Sinne mit der originären Wortbedeutung des Bilanzbegriffs korrespondiert, sind die an das kaufmännische Prinzip angelehnten Umweltbilanzen untrennbar mit einer Klärung der beiden Grundfragen der Bilanzierung verbunden, d. h. den Fragen, welche Bilanzgrößen in eine Bilanz aufzunehmen sind und mit welchem Wert diese angesetzt werden sollen. Im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeitsdiskussion führt dieses unweigerlich zu der Frage nach den geeigneten Indikatoren, wofür es bisher weder eine wissenschaftlich-theoretische Basis noch einen gesellschaftspolitischen Konsens gibt. Demzufolge können entsprechende Umweltbilanzen letztlich nur problembezogen in Verbindung mit einer Wertediskussion erstellt werden (s. Kap. 3.2.2.1).
Andere Perspektiven eröffnen dem gegenüber die Ansätze auf der Basis des physikalischen Bilanzprinzips, einem analytischen Prinzip, das am Beginn der Ursache-Wirkungskette ansetzt und dessen theoretische Fundierung auch den konsensualen, grundlegenden Managementregeln einer nachhaltigen Entwicklung zugrunde liegt. Insofern hat das mit langer Tradition in zahlreichen Disziplinen verwendete physikalische Bilanzprinzip - bzw. die Stoff- und Energiebilanzierung oder Stoffflussanalysetechnik - durch die Nachhaltigkeitsdiskussion eine besondere Dynamik erhalten und sich zu einem rapide wachsenden Forschungsfeld entwickelt (s. Kap. 3.2.2.2). Verbreitet sind insbesondere reduktionistische Ansätze, die sich auf ausgewählte Stoff- und Energieströme konzentrieren, z. B. weil diese ein besonderes Gefährdungspotential aufweisen oder weil sie aus quantitativer Sicht als bedeutsam erachtet werden. Gleichzeitig wird im Zuge der Nachhaltigkeitsdiskussion jedoch auch deutlich, dass reduktionistische Betrachtungsweisen allein langfristig nicht ausreichen, sondern - in besonderem Maße auch aus einer gesamtplanerischen Perspektive heraus - holistischere Herangehensweisen geboten sind, mit denen zudem sowohl quantitativ bedeutsame Ressourcenverbräuche, als auch qualitativ bedeutsame Stoffströme analysiert und planerisch zugänglich gemacht werden können. Am weitest gehenden wird dieses bisher von Ansätzen zur Analyse wirtschaftlicher Prozesse erfüllt.
Vor diesem Hintergrund werden aus dem vorhandenen Spektrum der Stoff- und Energiebilanzen drei unterschiedliche Ansätze ausgewählt, die im Hinblick auf eine Zukunftsfähige Regionale Planung am Erfolg versprechendsten erscheinen (s. Kap. 3.2.2) und demzufolge näher betrachtet werden. Hierzu gehören erstens ein gesamtwirtschaftlicher Ansatz, zweitens einzelbetriebliche Ansätze zur Analyse wirtschaftlicher Prozesse und drittens über die analytische Ebene hinaus aus bewertungsmethodischer Sicht die Ökobilanz-Methodik.
Mit der "Stoffstrombilanz Ruhrgebiet" ist von Seiten des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt und Energie (Wuppertal Institut) ein Ansatz für die Analyse der wirtschaftsbedingten Stoff- und Energieströme einer Region entwickelt worden, der in Kapitel 4 näher betrachet wird.
Die Methodik steht in engem Kontext zu den nationalen Material- und Energieflussrechnungen (MEFR), die als Teilrechnungen der im Aufbau befindlichen nationalen Umweltökonomischen Gesamtrechnungen (UGR) entwickelt werden, sodass zunächst deren wesentliche methodische Grundzüge betrachtet werden (s. Kap. 4.1). Vor diesem Hintergrund kann gezeigt werden, dass die Stoffstrombilanz für das Ruhrgebiet das methodische Pendant zur nationalen Materialflussbilanz(4) darstellt, die von Seiten des Statistischen Bundesamts inzwischen jährlich erarbeitet und veröffentlicht wird. Während die Methodik also prinzipiell auf die regionale Ebene übertragbar ist, stellt die Abbildung des Warenaustauschs mit anderen Regionen den größten Engpass der Methode dar (s. Kap. 4.2).
Zieht man zusätzlich in Betracht, dass weiter gehende Input-Outputanalysen entlang der Wertschöpfungskette zur Identifizierung maßgeblicher Handlungsfelder und Akteure - wie sie im Rahmen der nationalen MEFR z.T. schon erstellt sowie sukzessive weiterentwickelt werden - für die regionale Ebene aufgrund des hohen empirischen Aufwands und der gleichzeitigen Abbildungsunschärfen weder realistisch noch sinnvoll sind, so scheinen die Erkenntnisgewinne aus der regionalen Stoffstrombilanz gegenüber den nationalen Materialflussrechnungen jedoch insgesamt gering zu sein.
Zusammenfassend wird hieraus der Schluss gezogen, dass die regelmäßige Erarbeitung einer vollständigen regionalen, wirtschaftsraumbezogenen Stoffstrombilanz bei der derzeitigen Datenlage keine geeignete Entwicklungsperspektive für die regionale Ebene darstellt. Vielmehr sollten die Daten der Bundesstatistik als Referenz und Entscheidungsgrundlage herangezogen werden und eine Regionalisierung des makroökonomischen Ansatzes eher auf Landesebene geprüft werden, wie es in einigen Bundesländern bereits in Angriff genommen wird (s. Kap. 4.3).
Für die regionale Ebene werden von einzelbetrieblichen Stoff- und Energiebilanzen die größten Erkenntnisgewinne erwartet. Allerdings ist die Situation derzeit dadurch gekennzeichnet, dass diese zwar oftmals betriebsintern angewendet werden, Informationen hierüber aber nur unvollständig vorliegen, zudem von verschiedenen, sektoral zersplitterten Umweltbehörden (Gewerbeaufsichtsämter, Abfallbehörden etc.) verwaltet werden und größtenteils dem statistischen Geheimhaltungsprinzip unterliegen, sodass sie planerisch bisher kaum nutzbar sind. Mit dem europäischen "Gemeinschaftssystem für das Umweltmanagement und die Umweltbetriebsprüfung"(5) - in der vorliegenden Arbeit nach der englischen Bezeichnung "Eco-management and audit scheme" abgekürzt EMAS genannt - zeichnet sich hier ein Wandel in den Rahmenbedingungen ab, denn mit der freiwilligen Teilnahme an diesem Gemeinschaftssystem ist auch eine Offenlegung wesentlicher Informationen verbunden.
In Kapitel 5 wird deshalb dieses von der EG initiierte neue umweltpolitische Instrument einer näheren Betrachtung unterzogen, die nicht auf einzelne inhaltliche Aspekte beschränkt wird, da es sich um ein systemisches und prozessorientiertes Instrument handelt. Vor dem Hintergrund des Nachhaltigkeitsleitbilds wird mit EMAS das Ziel verfolgt, Umweltmanagementprozesse zu initiieren, mit denen Unternehmen ihre Umweltleistungen an einzelnen betrieblichen Standorten über die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben hinaus selbstständig kontinuierlich verbessern sollen (s. Kap. 5.2.1). Hierfür beschreibt die EMAS-VO einen allgemeinen, verfahrensbezogenen Rahmen mit einzelnen Systemelementen und Prinzipien. Dem gegenüber wird die inhaltlich-methodische Ausgestaltung weitgehend offen gelassen (s. Kap. 5.2). Obwohl die EMAS-VO in Deutschland erst seit 1995 anwendbar ist, liegen bereits umfassende Revisionsvorschläge für die zweite Runde (EMAS II) vor, die aber keine grundlegenden Systemveränderungen beinhalten (s. Kap. 5.2.3).
Die Analyse des EMAS-Systems hat für nahezu alle Komponenten einer Zukunftsfähigen Regionalen Planung potenzielle Beiträge aufgezeigt (s. zusammenfassend Kap. 4.3.8). Diese erschließen sich dem systemischen und prozessorientierten Charakter zufolge in der gesamthaften Betrachtung, denn es werden sich selbstorganisierende, reflexive Managementprozesse initiiert, die sich bei einer weitgefassten Interpretation des theoretischen Rahmens, wie er sich aus der EMAS-VO selbst sowie dem weiteren Regelungs-Umfeld ergibt, nahezu idealtypisch in das Anforderungsprofil einer Zukunftsfähigen Regionalen Planung einfügen.
Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass betriebliche Stoff- und Energiebilanzen zukünftig wesentliche interne Informations- und Steuerungselemente darstellen, obwohl die EMAS-VO keine entsprechenden Vorgaben enthält. Ebenso werden zusammengefasste Zahlenangaben veröffentlicht, perspektivisch betrachtet in Form von aggregierten Stoff- und Energiebilanzen bzw. Betriebsbilanzen, sodass mit der Beteiligung am EMAS-System kontinuierliche, räumlich konkrete bzw. auf einzelne Standorte bezogene Informationen über betriebsbedingte Stoff- und Energieströme bereitgestellt werden. In wie weit diese allerdings zu regionalen Stoff- und Energiebilanzen zusammengefasst werden könnten, kann in der frühen Phase nach der ersten EMAS-Runde nicht beurteilt werden, denn dieses hängt neben der maßgeblichen weiteren Beteiligung von Unternehmen auch davon ab, in wie weit zukünftig eine Standardisierung der betrieblichen Umwelterklärungen bzw. Umweltinformationen erreicht werden kann, wenngleich bereits Weichen in diese Richtung gestellt sind.
Entgegen dem weitgefassten theoretischen Anspruch haben die ersten Praxisrunden gleichzeitig gezeigt, dass sich kein Automatismus in die anspruchsvolle Richtung einstellt. Vielmehr ist deutlich geworden, dass das Instrument zukünftig nur zu den gewünschten ökologischen Erfolgen verhelfen wird, wenn es erstens auf eine breitere Basis als bisher gestellt wird und zweitens inhaltliche Richtungsvorgaben erfährt. Dabei werden sowohl in den wissenschaftlichen Diskussionen als auch mit dem EMAS II-Entwurf Schnittstellen zur räumlichen Umweltplanung vorgezeichnet, die es zukünftig auf der regionalen Ebene entsprechend auszugestalten gilt.
Die vornehmlich für den produktbezogenen Umweltschutz entwickelte Ökobilanzierung hebtsich als Methode zur Beurteilung lebenszyklusweiter, stoff- und energiestrombedingter Umweltwirkungen hervor, die über den breitesten Konsens verfügt. In Kapitel 6 wird deshalb der Frage nachgegangen, in wie weit die Methodik auch im regionalen Kontext angewendet werden könnte, denn mit dem Nachhaltigkeitsleitbild sind entsprechende Anforderungen verbunden.
Vor dem Hintergrund der Entwicklungsgeschichte sowie der wesentlichen Anwendungsbereiche und Funktionen (s. Kap. 6.1) werden hierfür die Grundzüge der Methodik skizziert, wie sie durch die in die ISO 14000er Reihe zum betrieblichen Umweltmanagement eingebundene ISO 14040er-Normengruppe beschrieben werden (s. Kap. 6.2). Die erzielten internationalen Konventionen liefern mit der Definition von vier Arbeitsschritten (Zieldefinition, Sachbilanz, Wirkungsabschätzung, Auswertung) ein allgemeines methodisches Grundgerüst zur Beurteilung lebenszyklusweiter, stoff- und energiestrombedingter Umweltwirkungen, das prinzipiell auf jedes analytisch abgegrenzte System übertragbar ist.
Insofern konnte in der Analyse gezeigt werden, dass die Ökobilanz-Methodik im Wesentlichen Innovationen für die Bewertungs-Funktion erbringen könnte (s. Kap. 6.3), denn sie unterscheidet sich durch die beiden Kernelemente Sachbilanz und Wirkungsabschätzung grundlegend von den in der räumlichen Umweltplanung gebräuchlichen, zumeist flächenbezogenen "ökologischen Bilanzen" sowie den gängigen ökologischen Bewertungsmethoden, wie der Ökologischen Risikoanalyse oder einer ihrer zahlreichen Varianten. Weil raumspezifische Parameter dabei eine untergeordnete Rolle spielen, eignet sie sich prinzipiell für solche Problemlösungen, bei denen es um die Prüfung funktional äquivalenter, "echter" Planungsalternativen geht, also um die Frage nach der Art und Weise der Funktionserfüllung.
Im derzeitigen regionalplanerischen Aufgabenfeld wäre die Erarbeitung von Ökobilanzen daher in erster Linie eine Aufgabe der Planungsträger selbst, während von Seiten der Regionalplanung vornehmlich entsprechende Entscheidungsparameter einzufordern und in der Abwägung zu berücksichtigen wären. Daneben wäre die Ökobilanz-Methodik für informelle Leistungen von Bedeutung, z. B. zur ökologischen Beurteilung verschiedener regionaler Entwicklungsprojektalternativen im Rahmen der neueren Regionalmanagementansätze, wobei es hier in erster Linie um die Anwendung vereinfachter Ökobilanzen bzw. einzelner Ökobilanz-Bausteine ginge.
Daneben hebt sich die Ökobilanz-Methodik gerade wegen der fehlenden raumbezogenen Parameter für die sich mit dem europäischen Richtlinienentwurf zur Plan- und Programm-UVP abzeichnende neue regionalplanerische Herausforderung der Strategischen Umweltprüfung (SUP) hervor, denn hierbei sollen umweltrelevante Sachverhalte im Planungsprozess weiter vorverlagert beurteilt werden, in einer Phase, in der Umweltauswirkungen typischerweise noch nicht lokalisierbar sind.
Gleichzeitig bietet die auf funktional definierte Systeme bezogene Ökobilanz-Methodik ein methodisches Grundgerüst zur Beurteilung von Bedürfnisfeldern, die nach dem Grundkonsens über das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung zukünftig das maßgebende Referenzsystem darstellen sollten, das es auch auf der regionalen Ebene weiter auszugestalten gilt, um damit das der Raumplanung zugrunde liegende Konzept der Daseinsgrundfunktionen mit Leben zu füllen.
Weil Ökobilanzen modular aufgebaut sind und die Lebenswege im Allgemeinen über regionale Grenzen hinausgehen, sollte auf der regionalen Ebene in erster Linie nach Möglichkeiten gesucht werden, einen geeigneten Informations-Pool aufzubauen.
Die Analysen der regionenbezogenen Stoffstrombilanz, des EMAS-Systems sowie der Ökobilanz-Methodik haben jeweils für sich betrachtet und in Bezug auf das weit gefasste, allgemeine Anforderungsprofil einer Zukunftsfähigen Regionalen Planung unterschiedliche Potenziale aufgezeigt. Gleichzeitig sind bezüglich des innovativsten Systems EMAS auch Defizite in der Umsetzung offenbar geworden. Vor diesem Hintergrund wird in Kapitel 7 weiter gehend den Fragen nach möglichen Synergien zwischen den Methoden sowie potenziellen Gestaltungsmöglichkeiten durch die Regionalplanung nachgegangen. Zusammenfassend werden aus den Ergebnissen schließlich Aufgaben für die Entwicklung und Forschung aufgezeigt.
Zur Frage nach potenziellen, methodischen Synergien lässt sich zunächst allgemein feststellen, dass die betrachteten Ansätze zwar sämtlich auf demselben methodischen Kern basieren - der Stoff- und Energiebilanzierung nach dem physikalischen Bilanzprinzip - und damit vom Grundsatz her kombinierbar sind, diesem aber insbesondere durch unterschiedliche Systemabgrenzungen erhebliche Grenzen auferlegt sind (s. Kap. 7.1.3). Zur Analyse regionaler Stoff- und Energieströme wäre insbesondere eine sukzessive Verknüpfung der makroökonomischen mit den im Rahmen des EMAS-Systems entstehenden mikroökonomischen Stoff- und Energiebilanzen von Bedeutung ("Makro-Mikro-Link"). Jedoch lassen sich auch diesbezüglich erhebliche methodische Probleme anführen, die zu lösen noch große Herausforderungen für die statistischen Behörden sowie die Normungsinstitutionen und auch den Umweltgutachterausschuss (UGA) darstellen. Den größten Engpass stellt indes die derzeit geringe Beteiligung der Unternehmen am EMAS-System dar, wozu es insbesondere von staatlicher Seite noch erheblicher Anstrengungen bedarf, das System langfristig auf eine breite Basis zu stellen. Aus regionalplanerischer Sicht wird hieraus zusammenfassend der Schluss gezogen, dass regionsbezogene Analysen der wirtschaftsbedingten Stoff- und Energieströme sowohl aus top-down- als auch aus bottom-up-orientierter Sicht derzeit noch mit erheblichen Problemen behaftet sind, sodass die Ausgestaltung rein datenorientierter Analyse- und Monitoring-Funktionen im Sinne regionaler Umwelt- bzw. Stoff- und Energiebilanzen bei derzeitigem Entwicklungsstand keinen erfolgversprechenden Weg für eine zukunftsfähige Instrumentalisierung der Regionalplanung darstellen.
Planerische Perspektiven eröffnen sich dem gegenüber aus einer diskursiven und prozessorientierten Sicht heraus. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt dabei wiederum dem neuen umweltpolitischen Instrument EMAS, denn dieses zeichnet sich vom theoretischen Ansatz her durch seinen selbstorganisierenden, reflexiven Charakter in besonderer Weise für die eingeforderten Such-, Lern- und Verständigungsprozesse zur Gestaltung einer nachhaltigen Entwicklung aus. Gleichzeitig bedarf es hierfür in der Praxis jedoch entsprechender Hilfestellungen, wozu von wissenschaftlicher Seite insbesondere auf nationale und regionale Umweltpläne verwiesen wird. Auch wenn von nationaler Ebene in Deutschland derzeit keine entsprechenden Entwicklungen erkennbar sind, kann aufbauend auf den in der vorliegenden Arbeit dargestellten, vorhandenen konzeptionellen Vorschlägen für die regionale Ebene ein Weg aufgezeigt werden, mit dem sich sowohl der EMAS-Baustein als auch die anderen Bilanzbausteine "gewinnbringend" miteinander verzahnen ließen.
Hierzu wird in Kapitel 7.2.2 ein Regionales Koordinationsmodell (ReKoord) entwickelt. Dieses basiert auf der Grundannahme, dass Nachhaltigkeit nur als gesellschaftlich diskursives Leitbild bestimmbar ist und die Umsetzung partizipative und selbstorganisierend gestaltete Prozesse der Konsens- und Entscheidungsfindung voraussetzt. Als wesentliche Elemente fungieren reflexive "Ziel- und Informationsmodule", die von den verschiedenen Akteuren (aus Politik, Planung, Wirtschaft) jeweils selbst zu organisieren sind. Die Aufgabe der Koordination übernimmt auf der regionalen Ebene eine weiterentwickelte Regionalplanung. Die planerische Leistung läge danach in der Gestaltung und Koordination der regionalen Zieldiskurse sowie der Organisation des Informationsflusses zwischen den verschiedenen Akteuren. Diese Funktion korrespondiert mit dem neueren, auch aus Sicht der Bundesraumordnung formulierten, weitgefassen regionalplanerischen Aufgabenverständnis, wonach die Regionalplanung zukünftig u.a. zu einem dynamischen politischen Prozess der Verständigung über regionale Zielvorstellungen wird und hierfür zunehmend auch Servicefunktionen wahrnehmen sollte. Gleichzeitig geht diese jedoch weit über den heutigen Planungsauftrag hinaus und wirft demzufolge weitreichende Fragen auf.
Vor dem Hintergrund der mit dem Modell ReKoord sowie der bereits im einzelnen aufgezeigten Entwicklungsperspektiven werden zusammenfassend Aufgaben für die Forschung und Entwicklung benannt, die es nach den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit weiter zu bearbeiten gilt, um die näher untersuchten Umweltbilanzansätze für die bzw. mithilfe der Regionalplanung zukunftsfähig einzusetzen. Hierzu gehören mit zunehmendem Weiterentwicklungsbedarf des heutigen regionalplanerischen Aufgabenfelds drei wesentliche Themenfelder:
Weiter gehend werden hierfür jeweils drei prioritäre Forschungs- und Entwicklungsaufgaben dargestellt ("3 x 3 Punkte-Katalog") (s. Kap. 7.2.2).
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Untersuchungen und Lösungsansätze der vorliegenden Arbeit geleitet vom Nachhaltigkeitsgedanken weit über eine mechanistische Erarbeitung von Bilanzen im umgangssprachlichen, kaufmännischen oder physikalischen Sinne hinausgeführt haben und in der Erkenntnis münden, dass für die Umsetzung eines offenen Planungsleitbilds wie das der nachhaltigen (Raum-)Entwicklung auch der "Mut zum ökologischen Umbau" der traditionellen Planungssysteme aufgebracht und hierfür die notwendigen politischen Weichen auf nationaler Ebene gestellt werden sollten (s. Kap. 7.3).
1. Während der Begriff "nachhaltig" hauptsächlich in Zusammenhang mit der Ressourcenbewirtschaftung verwendet wird, bezieht sich der Begriff "zukunftsfähig" in der Regel auf ein bestimmtes System (z. B. eine Kommune, Region, Staat oder Weltengemeinschaft) (vgl. Jüdes 1997, 26ff), sodass letzterer in der vorliegenden Arbeit auch für die Charakterisierung zukünftiger regionalplanerischer Funktionen verwendet wird.
2. Vereinfacht wird der Stoffbegriff in der vorliegenden Arbeit grundsätzlich als Oberbegriff verwendet und umfasst chemische Elemente (z. B. Cadmium), chemische Verbindungen (z. B. Benzol), Ressourcen inklusive Energieträger (z. B. Erdöl, Metallerze), Materialien (z. B. Kunststoffe, Glas), Emissionen (z. B. Kohlendioxid), Abfälle und Reststoffe, bewegte Materie (z. B. Bauaushub, Kühlwasser). Zur Hervorhebung unterschiedlicher Umweltrelevanzen wird der Stoffbegriff daneben zur Kennzeichnung qualitativer Aspekte ("Senkenproblem") und der Ressourcenbegriff zur Kennzeichung quantitativer Aspekte ("Quellenproblem") verwendet (s. Kap. 1.3).
3. Mit dieser Bezeichnung wird das der Analyse zugrunde gelegte weitergefasste Aufgabenverständnis zum Ausdruck gebracht, das an das heutige Aufgabenverständnis der Regionalplanung anknüpft, gleichzeitig aber auch potenzielle neue Planungsaufgaben umfasst, die sich aus der wissenschaftlichen Diskussion für einen regionalen Weg zu einer nachhaltigen Entwicklung ableiten lassen (s. Kap. 2.4).
4. Synonym wird diese auch bezeichnet als Mengenbilanz, Materialflussrechnung, Input-Output-Schema für Materialflüsse, Materialbilanz, Materialkonto, Stofffluss- und -strombilanz (s. Kap. 5.1.2).
5. Nach der Verordnung (EWG) Nr. 1836/93, in der vorliegenden Arbeit vereinfacht als EMAS-VO bezeichnet.
Die EU-Kommission hat im Dezember 1996 einen Richtlinienvorschlag für eine Strategische Umweltprüfung (auch: UVP für Pläne und Programme) vorgestellt (Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme, Dokument KOM(96) 511 endg. - 96/0304(SYN), von der Kommission vorgelegt am 25.03.1997, ABl. EU Nr. C 129/14 vom 25.04.1997).
Um Erfahrungen zur praktischen Anwendung und gesetzlichen Verankerung der Strategischen Umweltprüfung in der Regionalplanung zu sammeln, hat das Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen (MURL NW) gemeinsam mit der UVP-Gesellschaft e.V. einen Praxistest der Strategischen Umweltprüfung in der Gebietsentwicklungsplanung (GEP) in Form eines Planspiels durchgeführt.
Die Verfahrensanforderungen des Richtlinienvorschlags wurden dabei auf das GEP-Änderungsverfahren projiziert. Der Ablauf des Planspielverfahrens, in dem die Verfahrensanforderungen der Strategischen Umweltprüfung in das heutige Verwaltungsverfahren integriert wurden, ist in der Abb. 1 dargestellt.
In der Regionalplanung sind grundsätzlich drei Anwendungsfälle der Strategischen Umweltprüfung zu unterscheiden, die jeweils unterschiedliche inhaltlich-methodische Anforderungen mit sich bringen:
Zudem ist zwischen der einzelnen GEP-Änderung und der Neuaufstellung eines GEP mit einer hohen Anzahl an Einzelentscheidungen zu unterscheiden.
Durch das MURL NW wurde für das Planspiel die Erweiterung von Gewerbe- und Industrieansiedlungsbereichen in einer Teilregion des Landes ausgewählt, da Veränderungen des Siedlungsbereichs der häufigste Anwendungsfall in der Regionalplanung ist.
Abb. 1: Ablauf eines GEP-Änderungsverfahrens und Verfahrensanforderungen der Strategischen Umweltprüfung
Grundlage des Planspiels war - zeitlich, personell und inhaltlich verkürzt - folgender Fall:
Anläßlich eines neuen Autobahnanschlusses melden drei Gemeinden (Teilgebiet des Regierungsbezirks)# Bedarf zur Erweiterung gewerblicher Flächen an, wozu eine GEP-Änderung erforderlich ist. Diese Wünsche stoßen jedoch auf regionalplanerische Vorbehalte: Zwei der Gemeinden haben bereits heute in größerem Umfang ungenutzte Gewerbeflächen ausgewiesen, so dass ein Überhang besteht. Die dritte Kommune ist in ihren Erweiterungsmöglichkeiten aufgrund von Naturraum- und Wasserschutzgesichtspunkten räumlich sehr stark eingeschränkt. Die Bezirksplanungsbehörde prüft darum auch, ob die Bedarfe der drei Gemeinden im Rahmen einer interkommunalen Kooperation gedeckt werden können.
Das Planspiel umfasste folgende Verfahrensschritte (s. auch Abbildung 1):
Den dann erforderlichen Aufstellungsbeschluss durch den Bezirksplanungsrat sowie die Genehmigung des Plans durch die oberste Landesplanungsbehörde war nicht mehr Bestandteil des Planspiels.
Am 1.10.1998 fand bei der Bezirksplanungsbehörde in Detmold ein Termin zur Abstimmung von Inhalt und Detaillierungsgrad der Umwelterklärung (Scoping) zur beabsichtigten Änderung des Gebietsentwicklungsplanes statt. Gesprächsgrundlage war ein von der UVP-Gesellschaft vorbereitetes Scoping-Papier. Teilnehmer des Termins waren neben der Bezirksplanungsbehörde Vertreter von Umweltbehörden (StUÄ, LÖBF, Höhere Landschaftsbehörde) sowie Gemeindevertreter (Städte- und Gemeindebund).
Auf der Basis dieser Besprechung erarbeitete die UVP-Gesellschaft e.V. unter enger Einbeziehung der Bezirksplanungsbehörde eine Umwelterklärung (gemäß Artikel 5 des Richtlinienvorschlags), die sowohl strategische Lösungsansätze als auch räumliche Alternativen mit einbezieht. Die Informationen der Umwelterklärung wurden in die regionalplanerische Abwägung einbezogen, die ebenfalls als Entwurf für das Planspiel vorbereitet worden ist. Die Planspielteilnehmer (Gemeindevertreter, Vertreter aus Umweltbehörden, Träger öffentlicher Belange, Umweltverbände, Öffentlichkeit) sichteten die Umwelterklärung aus ihrer spezifischen Sicht und bereiteten eine Kurzstellungnahme zur Planung und zur Umwelterklärung vor.
Das Beteiligungsverfahren zum Planspiel fand am 2. und 3.12.1998 in Bielefeld statt. Die Planspielteilnehmer erhielten in zwei parallel arbeitenden Gruppen Gelegenheit, zu Planung und Umwelterklärung Stellung zu beziehen. Die Bezirksplanungsbehörde hatte bei der Überarbeitung der Planung die Stellungnahmen zu berücksichtigen. Der teilweise überarbeitete Planentwurf wurde anschließend zum "Ausgleich der Meinungen" diskutiert.
Neben dem Beteiligungsverfahren wurden während dieser zwei Tage Diskussionsblöcke zur Plan- und Programm-UVP allgemein, zum Richtlinienvorschlag sowie zu ausgewählten Themengebieten (z.B. Öffentlichkeitsbeteiligung) durchgeführt.
Als Teilnehmer des Planspieltermins wurden 20 Vertreter von Fachbehörden und Verbänden eingeladen, die größtenteils bereits heute in die GEP-Verfahren eingebunden werden. Als Vertreter der Öffentlichkeit, deren Beteiligung in GEP-Verfahren bislang nicht vorgesehen ist, wurden Vertreter von Bürgerinitiativen aus NRW einbezogen.
Das Planspiel wurde von ca. 30 Beobachtern (z.B. aus der Europäischen Kommission, aus anderen Bundesländern, aus der Ministerkonferenz für Raumordnung, von Hochschulen und Verbänden) begleitet, die sich in den Diskussionsblöcken aktiv einbringen konnten.
Aus dem Planspiel konnte ein insgesamt positives Fazit gezogen werden. Zum einen waren die Diskussionen zwischen den verschiedenen Beteiligten lebhaft, intensiv und offen. Dabei erwies es sich als hilfreich, dass ein konkreter Fall die Grundlage bildete, sodass die Diskussionen immer wieder auf diesen Fall zurückgeführt werden konnten.
Im Zusammenhang mit dem kontrovers diskutierten Thema "Öffentlichkeitsbeteiligung" konnten in den Gesprächen und Diskussionen Vorbehalte teilweise abgebaut werden, sodass am Ende eher das "Wie" im Vordergrund der Diskussion stand als das "Ob".
Der Planspielfall wurde vielfach als zu einfach bzw. zu projektnah kritisiert. Dennoch wurde deutlich, dass es bereits in einem solchen Fall einen Diskussionsbedarf gibt, der zum einen die Öffentlichkeitsbeteiligung betrifft, zum anderen die schriftliche Darlegung der Umweltfolgen der Planung. In der anschliessenden Diskussion wurden die verschiedenen Betrachtungsebenen einer Strategischen Umweltprüfung sehr deutlich. Frau Feldmann von der EU-Kommission ermunterte in diesem Zusammenhang ausdrücklich zu einer möglichst weitgehenden Anwendung der Strategischen Umweltprüfung auf alle strategischen Entscheidungen, die Einfluss auf die räumliche Entwicklung haben können.
Die UVP-Gesellschaft hat anhand der Diskussionsschwerpunkte und Ergebnisse des Planspiels Empfehlungen an das Land Nordrhein-Westfalen formuliert, die sich an drei verschiedenen Ebenen richten.